Verlangt ein erfolgloser Bewerber Entschädigung nach § 15 Abs. 2 BAG, kann der Arbeitgeber ihm den Rechtsmissbrauchseinwand entgegensetzen, wenn sich der Bewerber nur mit dem Ziel beworben hat, den formalen Status als Bewerber i.S.v. § 6 Abs.1 S.2 AGG zu erlangen, um Entschädigung und/oder Schadensersatz geltend zu machen.
Laut dem LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 06.09.2023, 4 Sa 22/23) ist ein solcher Rechtsmissbrauch gem. § 242 BGB gegeben, wenn sich der Bewerber nicht beworben hat um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern er ausschließlich das Ziel verfolgte, den formalen Bewerberstatus i.S.v. § 6 Abs.1 S.1 AGG zu erlangen. Vorliegend hatte sich die betroffene Person mittels identischer Bewerbungsschreiben inklusive der Nachfrage zum Geschlecht beworben und anschließend ein wortgleiche Aufforderungsschreiben an die jeweiligen Unternehmen gesendet. Das LAG vertritt die Auffassung, dass jedenfalls bei Vorliegen eines substantiierten Parteivortrags das Gericht auch gerichtsbekannte Tatsachen seiner Entscheidung zu Grunde legen kann. Die Berücksichtigung von weiteren anhängigen Verfahren verstoße nicht gegen den Beibringungsgrundsatz.